Leseprobe:

Aus: Die Entstehung der heutigen Erdatmosphäre

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Und schon bekommen wir neue Rätsel auf: Gab es also irgendwann keinen Sauerstoff in der Erdatmosphäre, nämlich als es noch keine Pflanzen gab, die ihn produzierten? Gab es dann also auch keine Tiere? Die Antwort klingt verblüffend: Einige Anzeichen deuten darauf hin, dass die Erdatmosphäre tatsächlich einmal kaum Sauerstoff enthielt - und trotzdem gab es Leben. Wie das?
Es ist schon lange bekannt, das es Bakterientypen gibt, die nicht auf den freien Sauerstoff der Luft angewiesen sind, sondern diesen von sauerstoffhaltigen Verbindungen abspalten (Gärung). Da diese Bakterien also ohne Luft auskommen, bezeichnet man sie als Anaerobier (an (griech.) = nicht + aer (lat.) = Luft + bios (griech.) = Leben = die ohne Luft leben). Sie bilden innerhalb der heutigen Tier- und Pflanzenwelt nur einen verschwindend kleinen Prozentsatz - und dennoch hält man sie für die Überreste jener Lebensformen, die als erste unsere Erde bevölkerten.
Wie berechtigt ist diese Vermutung? Man sagt, es sei unwahrscheinlich, dass Wesen entstanden seien, die mühselig Sauerstoff zum Beispiel aus Methan oder Ammoniak abspalten müssen, wenn in der Luft Sauerstoff in Hülle und Fülle gewesen wäre. Offenbar ist die Existenz von Anaerobiern ein Hinweis darauf, dass zur Zeit der Entstehung des Lebens kaum freier Sauerstoff in der Luft (und gelöst im Meerwasser) vorhanden war. Er gibt noch einen weiteren Hinweis auf diese Vermutung.
Geologen fanden in Südafrika, in Nordamerika und noch an verschiedenen anderen Stellen der Erde rätselhafte Gesteine. Es sind eindeutig Gesteine, die aus Ablagerungen von Verwitterungsmaterial entstanden sind. Man konnte das Alter der Gesteine bestimmen und es zeigte sich, dass diese mindestens 2,5 Milliarden Jahre alt sein müssen. Es muss also eine Erhebung, ein Hügel, ein Berg da gewesen sein; die Witterungseinflüsse haben das Gestein der Erhebung zerkleinert und über Bäche und Flüsse in ein Wasserbecken (Urmeer) transportiert - genauso, wie es auch heute noch geschieht. Man hat nämlich die Körnchen, aus denen das Gestein zusammengebacken ist, genauer untersucht und festgestellt, dass die Kanten der Körnchen schön gerundet sind. Das kann aber nur passieren, wenn die Körnchen lange Zeit von den Wetterelementen (z. B. Wind und Niederschläge) transportiert worden sind. Dann nämlich wurden allmählich alle Ecken und Kanten abgestoßen und rundgewetzt.
Was ist nun so rätselhaft an diese Körnchen? Diese bestehen aus Schwefelkies (Pyrit), einer Verbindung von Eisen mit Schwefel (FeS2). Seltsam daran ist, dass diese Verbindung an Luft gar nicht beständig sein kann, - wenn genügend freier Sauerstoff in der Luft enthalten ist. Der Sauerstoff würde nämlich mit dem Eisen anbändeln und den Schwefel verdrängen. Da sicher ist, dass diese Körnchen längere Zeit der Luft ausgesetzt gewesen sein mussten, lässt sich ihre Existenz nur erklären, wenn man von einer extrem sauerstoffarmen Atmosphäre ausgeht.
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