Leseproben
Vorwort Wenn man die Aussageabsicht des Verfassers eines Textes ermitteln möchte, ist es nahezu unerlässlich, Näheres zu der Person des Autors, seinen Lebensumständen und seiner Vita sowie dem zeitgeschichtlichen Hintergrund seines literarischen Schaffens zu kennen. So ist es auch bei den Texten des Alten und des Neuen Testaments. Allein diese Vielzahl an Informationen ermöglicht eine möglichst präzise Erfassung der Intention eines infrage stehenden Textes. So ist es bei den alt- und neutestamentlichen Schriften unabdingbar, bei der Textinterpretation Manipulationen Zweiter und Dritter in Rechnung zu stellen, von einer hemmungslosen Willkür der Autoren im Umgang mit Texten und von möglichen (Ver-) Fälschungen, Verdrehungen und offenkundigen Lügen auszugehen. War da ein Prophetentext, der bereits eine gewisse Autorität besaß, hatten spätere Autoren keinerlei Hemmungen, in diesen Text eigene Texte einzuschieben, um die Autorität des bereits existierenden Textes für ihre literarischen Produkte zu nutzen, und das alles, ohne diese Einschübe irgendwie kenntlich zu machen. So war es auch damals viele Jahrhunderte lang gang und gäbe, einer literarisch fixierten Person, die einem bestimmten Personenkreis als hohe Autorität galt, wie zum Beispiel bei den Juden Moses oder - bei den Christen - Jesus, alles Mögliche in den Mund zu legen, wobei es oftmals so offenkundig ist, dass diese Person aus einleuchtenden Gründen das in den Mund Gelegte nicht gesagt haben kann, dass sich vermuten lässt, dass die Rezipienten dieser Texte auch gar nicht unbedingt von deren Authentizität ausgegangen sind. Wenn beispielsweise Jesus im "Matthäus"-Evangelium Petrus zum Führer der (christlichen) Kirche ernennt (Mt16,18/9), so kann das Jesus gar nicht gesagt haben, weil es zu seiner Zeit noch keine (christliche) Kirche gab. So kann man beispielsweise bei "Matthäus" davon ausgehen, dass Jesus keine der dort verzeichneten längeren Reden einschließlich der "Bergpredigt" gehalten hat, und ich denke, die damaligen Leser dieser Texte wussten, dass diese Reden von ihrem "Bischof" "Matthäus" stammten, dass sich hier "Matthäus" mit bestimmten Anliegen an seine christlichen Gemeindemitglieder wendete.Wenn also ein heutiger Leser all diese literarischen Fiktionen (eben z. B. dass diese und jene Rede tatsächlich von Jesus stamme) für bare Münze nimmt, so versperrt er sich geradezu den Weg zu einer zutreffenden Textinterpretation, ja, man kann dann sogar den Eindruck bekommen - wenn man alle angeblichen Jesus-Worte in den vier kanonischen Evangelien für authentisch hält - Jesus sei schizophren, paranoid, also rund heraus geisteskrank gewesen, wie das Psychiater an der Wende des 19. Jahrhunderts zum 20. Jahrhundert aufgrund seiner angeblichen Äußerungen diagnostizierten. (Siehe dazu die Schrift "Die psychiatrische Beurteilung Jesu. Darstellung und Kritik" von Albert Schweitzer) Welche Ergebnisse sich bei der Deutung von neutestamentlichen Texten tatsächlich erzielen lassen, wenn man den damaligen Verfassern nicht auf den Leim geht, davon zeugt dieses Buch, das ich Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, hiermit zur Lektüre vorlege. Der Verfasser
Deutung: Neue Flicken auf altem Kleid und Neuer Wein in alten Schläuchen (Mk2,21/2; Mt9,16/7; Lk5,36 - 38): [...] Die Jünger Jesu scheinen nicht gefastet zu haben (Mk2,18 - 20): "18 Da die Jünger des Johannes und die Pharisäer zu fasten pflegten,
kamen Leute zu Jesus und sagten: Warum fasten deine Jünger nicht, während die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer fasten?
19 Jesus antwortete ihnen: Können denn die Hochzeitsgäste fasten, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen
ist, können sie nicht fasten. 20 Es werden aber Tage kommen, da wird ihnen der Bräutigam weggenommen sein; dann werden sie fasten, an
jenem Tag." |