Leseproben:

Erste Leseprobe

[...] Wie wir sehen, sind die Konsequenzen dieses kollektiven Solipsismus heute, im 21. Jahrhundert, längst Realität geworden, und Diktaturen wie Putins Russland, Nordkorea oder China praktizieren das, wovor Orwell 1948 mit seinem Roman "1984" so eindringlich warnte. Und heute mit unseren perfekten Medien und technischen Errungenschaften, mit der nahezu idealen Möglichkeit, die Gehirne von Millionen Menschen auszurichten und ihnen die Welt, die "Realität" einzuspeisen, die einem totalitären Regime genehm ist, die Bevölkerung zur bloßen Viehherde zu degradieren - heute lässt sich tatsächlich der unangreifbare, nicht mehr stürzbare, ewig währende Despotismus, dieser Orwell'sche Albtraum, aus dem es kein Erwachen mehr gibt, errichten.

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Und es gibt sie doch, die objektive Realität

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So, genug im solipsistischen Sumpf gewatet; lassen Sie uns, liebe Leserin und lieber Leser, wieder den festen Boden der Realität betreten, wo es - und da sind wir ganz pragmatisch - eine objektive Wahrheit gibt, die es sich zu suchen lohnt und die sich finden lässt. Sonst würden wir ja heute noch glauben, dass die Erde im Zentrum des Universums stände und Sonne, Mond, Planeten und Sterne um die Erde kreisten.
Wie lässt es Orwell seinen Protagonisten Winston denken?
"Und dennoch war er [Winston] im Recht! Sie hatten Unrecht und er hatte Recht. Das Handgreifliche, das Einfache und das Wahre mussten verteidigt werden. Binsenwahrheiten sind wahr, daran wollte er festhalten! Die stoffliche Welt war vorhanden, ihre Gesetze ändern sich nicht. Steine sind hart, Wasser ist nass, jeder Gegenstand, den man loslässt, fällt dem Erdmittelpunkt zu."13
Dennoch können wir nicht umhin, zu erörtern, wie wir trotz der grundsätzlichen Unmöglichkeit, zur Welt, zu den objektiven Dingen und Vorgängen außerhalb unser selbst vorzudringen, doch die objektive Realität erkennen können. [...]

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Zweite Leseprobe

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Ohne Illusionen geht es nicht!
Gut, werden Sie nun, verehrte Leserin und verehrter Leser, vielleicht einwenden, das mag ja so passieren können, aber für viele Menschen läuft das Leben nicht so tragisch, nicht so kataraktisch ab. Das ist völlig richtig. Ja, mehr noch: Illusionen können überaus erholsam und fruchtbringend sein. Wenn ich mir nach einer harten Arbeitswoche am Wochenende einen Fantasy-Film à la "Herr der Ringe" anschaue, so ist das unbestreitbar eine Flucht in die Illusion; aber es entspannt mich, ich kann abschalten, für eine Weile die Realität vergessen - ohne dass ich gleich drogensüchtig werde. Lese ich einen fiktionalen Roman à la "Der Name der Rose", so bin ich in der Welt der Illusion. Das beschert mir Freude und Entspannung von der Realität und ich kann mich dieser Realität nach meiner Rückkehr aus der Illusion mit neuer Kraft stellen. Überhaupt ist es die Freude, die viele Illusionen spenden, welche Illusionen für die Menschen so wichtig macht; die Freude ist wie das Aufladen einer Batterie, so wie es Friedrich Schiller in seiner "Ode an die Freude" formuliert hat: "Freude heißt die starke Feder in der ewigen Natur. Freude, Freude treibt die Räder in der großen Weltenuhr." Menschen brauchen die Illusion, um leben zu können. Ein Mensch, der all seine Illusionen verloren hat, schwebt in Lebensgefahr.
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