Leseproben:

Aus: Die Wunder Jesu - Märchen oder Wahrheit?

[...] Dieses Beispiel zeigt die Grundstruktur eines Wunders, wie sie wohl auch Jesus gewirkt hat: Ein verzweifelter Kranker setzt seine ganze Hoffnung auf jenen, der ihn vorgeblich heilen kann. Der Heiler überzeugt sich von dessen tiefem Glauben in die Heilungskräfte des Heilers. Menschen umstehen die beiden und werden Augen- und Ohrenzeugen dessen, was sich da abspielt. Der Heiler markiert den Augenblick der Heilung (Hand auflegen usw.) und geht zunächst sicher von der Heilung des Kranken aus. Nun gibt es drei Möglichkeiten: Der Kranke verspürt keinerlei positive Wirkung und ist kaltschnäuzig genug, das vor versammeltem Publikum zu bekunden, worauf der Heiler dies als Beleg dafür wertet, dass der Hilfesuchende zu wenig oder gar keinen Glauben aufgebracht habe, seine Sünden nicht aufrichtig bereue und Ähnliches. In diesem Fall zweifelt das Publikum eher am Hilfesuchenden als am Heiler und neigt dazu, die Sichtweise des Heilers zu teilen.
Die zweite Möglichkeit: Das Wunder trat nicht ein, aber der Kranke schämt sich, das vor der versammelten Menge zuzugeben; er will sich nicht blamieren und überspielt so gut er kann sein Gebrechen - durchaus im Zweifel, ob es nicht vielleicht doch geholfen hat, vorgebend, das Wunder wäre tatsächlich eingetreten.
Die dritte Möglichkeit: Der erwartete Effekt ist tatsächlich eingetreten und der Kranke fühlt sich wirklich geheilt. In beiden Fällen bestärkt das den Heiler in seiner Selbsteinschätzung (zum Beispiel er sei der Messias) und überzeugt große Teile des Publikums von den Fähigkeiten, dem Status oder der Mission des Heilenden.
Alle drei Varianten kommen im "Markus"-Evangelium vor: In seiner Heimatstadt Kafarnaum kann Jesus niemanden heilen [...]

Aus: Wie ging es nach Jesu "Auferstehung" weiter? - Eine kritische Bestandsaufnahme

[...] Betrachten wir noch kurz die Frage der "Himmelfahrt". Zunächst einmal fällt es schwer, sich vorzustellen, dass ein Mensch aus "Fleisch und Knochen" in einen irgendwie gearteten Himmel auffährt, denn er wäre dort im Weltall in einer ziemlich lebensfeindlichen Umgebung. Denken wir uns aber den Himmel als ein unsichtbares Geist-Reich, so passt dazu wiederum nicht ein Jesus aus "Fleisch und Knochen" mit einem gesegneten Appetit. Unlogisch wäre auch, wenn ein gerade gekürter Messias, der noch einige Wochen zuvor überall den Leuten erzählt hat, das Reich Gottes sei bereits angebrochen, und der vom unmittelbaren Beginn des messianischen Endzeitkampfes ausging, sich jetzt, wo er von Gott als Messias legitimiert ist, Richtung Himmel verabschiedet und den Laden da unten sich selbst überlässt. Oder wollte der Messias nach den Strapazen der Kreuzigung zunächst einmal ein kleines Päuschen bei seinem Vater im Himmel einlegen, um dann gestärkt den Kampf gegen Satan, seine Dämonen und den Tod aufnehmen zu können? Immerhin würde diese Pause dann bereits knapp zweitausend Jahre dauern.
Wir machen wohl nichts falsch, wenn wir die Himmelfahrtsgeschichte als hübsches Märchen der nachfolgenden Generation, ähnlich wie die Weihnachtsgeschichte oder die Weinvermehrung, ansehen. [...]

Aus: Anmerkungen zur Kreuzigungsszene bei "Markus"

[...] Pilatus hatte Jesus zum Tod am Kreuz verurteilt, weil das jüdische Synedrium (Hoher Rat) Pilatus diesen Jesus übergeben hatte mit der Maßgabe, dieser habe behauptet, der Messias zu sein, was für das jüdische Tribunal den Tatbestand der Gotteslästerung erfüllte - ein todeswürdiges Verbrechen. Und der römische Prokurator Pilatus war bekanntlich nicht der Mann, der sich das Hinrichtungsbegehren bezüglich eines Juden zweimal sagen ließ. Pilatus kümmerten die Juden nicht wirklich und schon gar nicht solch ein seltsamer Kauz wie Jesus; er hatte bis dahin noch nie etwas von ihm gehört und hat ihn mit Sicherheit bereits kurze Zeit nach dessen Hinrichtung wieder vergessen. In Palästina rannten zu dieser Zeit immer mal wieder welche herum, die von sich behaupteten, sie seien der Messias (s. Mk13,22), da war dieser Jesus nur einer unter anderen. Überhaupt war die jüdische Warterei auf einen Messias für den Römer Pilatus eher ein Grund, an dem Verstand der Juden zu zweifeln - ernst nehmen konnte er diese "Macke" vieler Juden nicht.
Und genau diese Haltung zeigen auch die römischen Soldaten, die mit der Kreuzigung dieses "Messias" betraut waren. Für sie [...]

Aus: Anmerkungen zum "Matthäus"-Evangelium

[...] Während nun "Markus" im Einzelnen berichtet, wie Jesus fleißig Dämonen austreibt und dadurch Kranke ("Befallene") heilt, geht "Matthäus" zunächst ganz summarisch vor (Mt4,23 - 25): Jesus "heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden. Und sein Ruf verbreitete sich in ganz Syrien. Man brachte alle Kranken mit den verschiedensten Gebrechen und Leiden zu ihm, Besessene, Mondsüchtige und Gelähmte, und er heilte sie. Scharen von Menschen aus Galiläa, der Dekapolis, aus Jerusalem und Judäa und aus dem Gebiet jenseits des Jordan folgten ihm nach." Interessant dabei ist, dass Jesus bei "Markus" als Dämonenaustreiber fungiert und dadurch Kranke heilt, bei "Matthäus" werden Dämonen zunächst nicht erwähnt und so entsteht hier der Eindruck, als sei Jesus als Wanderarzt unterwegs.
Indem so "Matthäus" in aller Kürze in den Abschnitt "Jesu Wirken in Galiläa und anderswo" eingeführt hat, fügt er nun eine recht lange Rede ein, die unter der Bezeichnung "Bergpredigt" bekannt ist. Und so, wie er seine ersten Seitenhiebe gegen die "Pharisäer und Sadduzäer" Johannes dem Täufer in den Mund gelegt hat (Mt3,7 ff.), so legt er seine "Bergpredigt" Jesus in den Mund - beide Male nutzt er auf diese Weise deren Ansehen, um seinem Anliegen mehr Gewicht zu verleihen.
Will man verstehen, worum es bei dieser "Bergpredigt" letztlich geht, muss man etwas weiter ausholen. Zunächst fällt auf, dass die Rede eigentlich gar nicht zu den "Scharen von Menschen aus Galiläa, der Dekapolis, aus Jerusalem und Judäa und aus dem Gebiet jenseits des Jordan" (Mt4,25) passt. Wieso sollte es diese Menschen betreffen, wenn "Matthäus" Jesus sagen lässt: "Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen. Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel. So wurden nämlich schon vor euch die Propheten verfolgt." (Mt5,11/12) Wieso sollten diese angeblichen Menschenmassen, die der angeblichen Rede von Jesus lauschten, "geschmäht und verfolgt" werden? Nun gut, könnte man sagen, eigentlich wendet er sich damit an seine Jünger, die ihn umstanden. Bloß - auch diese, die gerade erst von Jesus angeworben worden waren, sind bisher weder geschmäht noch verfolgt worden, ganz im Gegenteil, bisher war Jesu Zug durch Palästina ein einziger Triumphzug "und sein Ruf verbreitete sich in ganz Syrien" (Mt4,24). Also auch wenn man diese Rede allein auf Jesu Jünger bezieht, ergibt sie keinen Sinn. Einen Sinn ergibt diese "Bergpredigt" erst dann, wenn man sie auf die Frühchristen und ihre Gemeinden zu Lebzeiten des Evangelisten "Matthäus", also auf die Verhältnisse um etwa 80, 90 n. Chr. bezieht - mit den Verhältnissen zu der Zeit Jesu (ca. 30 n. Chr.) hat diese Rede nichts zu tun.
Worum geht es? Nach dem sogenannten "Pfingsterlebnis" der Jünger Jesu (Apg2,1 - 13) hatten diese [...]

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