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Ab dem Sommer des Jahres 2016 war ich Ruheständler. Vorher habe ich 36 Jahre meines Lebens als Lehrer Kinder und Jugendliche unterrichtet. Zum Abschluss des Schuljahres gab es - wie üblich - ein Grillfest des Kollegiums im Hof der Schule. Ein junger Kollege erzählte mir, dass sein Vater schon seit einigen Jahren pensioniert sei und jetzt Bücher schreibe. Ich antwortete ihm: "Na, das würde mir gerade noch fehlen, jetzt, in meinem Alter, noch Bücher zu schreiben!" Da war ich mir absolut sicher: Bücher schreiben wäre der letzte Zeitvertreib, den ich mir für meinen Ruhestand vorstellen könnte. Da dachte ich eher an einen Spielekreis in der nahegelegenen Seniorenbegegnungsstätte, Skat, Schach, Backgammon, Doppelkopf - aber doch nicht Bücherschreiben!
Es war jenes Grillfest, auf dem ich auch Andreas wieder traf, einen Kollegen, der schon einige Jahre nicht mehr im Dienst und mir immer noch in angenehmer Erinnerung war. Wir kamen ins Gespräch und es drehte sich auch um die Frage, wie ich meinen Ruhestand gestalten wollte. Abhängen, chillen, klar; lediglich zwei Themen gab es, denen ich noch Zeit widmen wollte: Jesus und die Rotverschiebung des Lichts aus dem Weltall. Diese beiden Themen haben mich nahezu mein ganzes Leben lang interessiert, aber die Umstände, mein Beruf verhinderten, dass ich jemals Zeit fand, mich damit näher zu befassen.
Als ich meinen ersten Sommerurlaub als Ruheständler antrat, galt es, die Frage zu klären, welche Lektüre ich mitnehmen sollte; sollte es etwas zur Rotverschiebung sein oder etwas zu Jesus? Zur Rotverschiebung hatte ich keine passende Lektüre zur Hand, aber ich besaß eine kleine Ausgabe des "Neuen Testaments" (für die Hand von Soldaten), gerade einmal so groß, dass man sie problemlos in die Tasche stecken konnte - also ideal für die Reise - und so wanderte dieses kleine Büchlein in mein Reisegepäck.
Schon am ersten Abend im Hotel begann ich, aufmerksam das "Markus"-Evangelium zu lesen, von dem ich wusste, dass es das älteste Evangelium war (und auch das kürzeste), und ich bemerkte rasch, dass es angebracht war, mir dazu Notizen zu machen. Also kaufte ich mir am nächsten Tag einen Schreibblock und einen Stift und machte mir bei meinen abendlichen Studien fleißig Notizen.
Zwei Prämissen lagen meiner Beschäftigung mit dem "Markus"-Text zugrunde: 1. Ich unterstellte ihm zunächst, dass das, was er berichtet, im Wesentlichen den Tatsachen entsprach; 2. war Jesus nicht drei Tage tot, also wirklich tot (Herzstillstand, Hirntod), und ist dann wieder auferstanden, denn das war - wenn man nicht an ein Wunder glauben wollte (und das wollte ich nicht), physiologisch ausgeschlossen. Auf der anderen Seite wird von seinen Jüngern berichtet, sie hätten ihn drei Tage nach seiner Kreuzigung lebend angetroffen und mit ihm geredet. Unter anderem für diese Überzeugung ließ sich Jesu Bruder Jakobus steinigen und für eine Lüge lässt sich keiner steinigen - also muss es den Tatsachen entsprechen, dass Jesus drei Tage nach seiner Kreuzigung seinen Jüngern wieder begegnet ist, sich mit ihnen getroffen und mit ihnen gesprochen hat. Es galt also, diese Fakten - ohne Wunder in Anspruch zu nehmen - so zu erklären, dass diese Erklärung einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit besaß - höher wenigstens, als an eine Wiedererweckung eines drei Tage alten Leichnams glauben zu müssen.
Zurück aus dem Urlaub begab ich mich sehr bald in mehrere Antiquariate und kaufte Bücher, die ich dort zum Thema Jesus fand, insbesondere jene von Hartmut Stegemann (Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und Jesus) und Schalom Ben-Chorin (Bruder Jesus), aber auch "Das Geheimnis des Rabbi J." von Johannes Lehmann und "Jesus Menschensohn" von Rudolf Augstein. Stegemanns Buch schien Arbeit zu machen und ich schob es zunächst beiseite; Ben-Chorin ließ sich sehr gut lesen und war anregend. Danach kam Lehmann und mein Wissen wuchs, aber auch meine Fragen. Augstein war frustrierend: Er warf Fragen über Fragen auf, ohne diese befriedigend zu beantworten (die Fragen hatte ich ja selbst, ich suchte nach Antworten). Ich stöberte natürlich auch im Internet. Schließlich saß ich ziemlich ratlos da; zwei Dinge waren mir inzwischen klar geworden: Ich musste das "Markus"-Evangelium noch einmal durcharbeiten und ich kam um Stegemann nicht herum. Warum? Ich saß über der "Markus"-Stelle Mk1,27, wo u. a. davon die Rede ist, Jesus habe "eine ganz neue Lehre verkündet". Ich hatte das "Markus"-Evangelium aufmerksam durchgelesen, aber von einer "ganz neue[n] Lehre" hatte ich nichts bemerkt, noch nicht einmal von einer Spur derselben. Damit konnte nicht das Evangelium gemeint sein, denn das stand klar und unmissverständlich da: "[...] er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium [also glaubt daran, dass die Zeit erfüllt und das Reich Gottes nahe ist]!" (Mk1,14/5)
Dass diese Bemerkung (Mk1,27) von "Markus" nur unbedacht so dahingeworfen worden war, glaubte ich nicht; Jesus musste also tatsächlich etwas verkündet haben, was als "neue Lehre" gelten konnte - aber - ich fand nichts dergleichen. Stegemann hilf! Und um Nägel mit Köpfen zu machen, entschloss ich mich, Stegemann vom Kopf bis zum Schwanz durchzuarbeiten.
Inzwischen war bereits die Weihnachtszeit angebrochen, draußen war es kalt und abends schon früh dunkel und in der Stille meiner Kammer saß ich und las und schrieb und las und schrieb und las und schrieb...
Nach Stegemann wusste ich: Die "neue Lehre" Jesu bestand in seiner Sichtweise, nach dem Verschwinden seines Meisters Johannes des Täufers in den Kerkern von Machärus sei das Reich Gottes nicht mehr nur nahe - das hatte Johannes der Täufer verkündet, sondern Jesus war überzeugt, Gottes Reich sei nun da, Gott sei wieder in seinem Gelobten Land bei seinem auserwählten Volk präsent und greife wieder unmittelbar in die Geschicke seiner Auserwählten ein. Noch sei Gottes Reich auf Erden so klein wie ein Senf-Samenkorn, aber es werde sich nach und nach entfalten und am Ende einer 40-jährigen Endzeit in seiner ganzen umfassenden Größe und Herrlichkeit auf Erden existieren.
Diese Erkenntnis verdankte ich diesem hervorragenden Wissenschaftler Hartmut Stegemann! Und er war es auch, der mich auf eine offenkundige Mogelei des Evangelisten "Markus" aufmerksam machte: Jesus wurde - zur Abgrenzung von anderen Joshuas seiner Zeit - mit dem Beinamen "der Nazoräer" belegt. Nazoräer nannte man - nach Stegemann - die Anhänger Johannes' des Täufers. "Markus" aber mogelte: Nazoräer heiße, Jesus stamme aus Nazaret, einem kleinen Nest südlich der Stadt Sepphoris - das sei es, was dieser Beiname bedeute. Natürlich fragt man sich da doch, warum er hier in dieser Weise mogelt. Die Tatsache, dass Jesus aus dem Jünger- und Anhängerkreis Johannes' des Täufers stammt, war ihm offenbar ein Dorn im Auge und mir wurde im Laufe meiner weiteren Beschäftigung mit diesem Thema klar, warum: In den vierzig Jahren zwischen dem öffentlichen Auftreten Jesu und der Niederschrift des "Markus"-Evangeliums war es auf Betreiben der Jesus-Anhänger, also der Urchristen, zu einer Gleichsetzung Jesu mit dem "Menschensohn" des Henochbuches bzw. des Daniel-Buches gekommen. Mit dem Begriff "Menschensohn" wurde im Henochbuch ein göttliches Wesen bezeichnet, das Gottes, also Jahwes, Sohn sei - genauso göttlich wie sein Vater - und welches das Aussehen eines Menschen habe (deswegen: "Menschensohn"). Aus dem jüdischen Menschen aus dem Geschlecht des Königs David, den man im traditionellen Judentum als Messias erwartete, war so ein göttliches Wesen geworden, ebenbürtiger Sohn seines Vaters Jahwe, wohnhaft im Himmel. Diese Verwandlung des menschlichen Messias der Juden in einen göttlichen "Menschensohn" war nötig geworden, weil wegen der Erwartungshaltung der eschatologischen Strömung des Judentums, zwischen dem Jahr 30/1 n. Chr. und dem Jahr 70 n. Chr. würde ein/der Messias mit den Mächten der Finsternis aufräumen und dem Reich Gottes zum endgültigen Durchbruch verhelfen, ein Messias zwischen 30/1 n. Chr. und 70 n. Chr. da zu sein hatte - dieser war aber offenkundig nicht da. Zu behaupten, Jesus sei der Messias, ihn aber zugleich nicht vorweisen zu können, war absurd. Da aber die Urchristen Jesus aufgrund seiner vermeintlichen Auferstehung von den Toten als den erwarteten Messias proklamierten, ließ sich seine aktuelle Nicht-Präsenz auf der Erde nur so "erklären", dass er sich (vorübergehend) im Himmel aufhalte, und dann passte eben der "Menschensohn" des Henochbuches perfekt ins Bild. Und so kam es durch die Urchristen - aus einer Erklärungsnot geboren - zur Vergöttlichung des Menschen-Messias der nachexilischen Propheten. Und dann konnte dieser Jesus - nun der göttliche Messias, der "Menschensohn" des Henochbuches - nicht mehr Schüler und Jünger des Menschen Johannes des Täufers gewesen sein - das ging nicht zusammen, das musste verschwinden. Und so verfällt "Markus" auf diesen sprachlichen Taschenspielertrick, die Bezeichnung "Nazoräer" auf das kleine, unbedeutende galiläische Kaff Nazaret zurückzuführen - und schon war Johannes der Täufer als Meister und Lehrer des nun göttlichen Jesu verschwunden.
Jetzt arbeitete ich das "Markus"-Evangelium ein zweites Mal durch und konnte die Ausführungen Stegemanns zur "neuen Lehre" Jesu voll und ganz bestätigen. Zugleich fielen mir noch zwei Stellen auf, die ich beim ersten Mal kaum beachtet hatte und die mich jetzt zum Nachdenken veranlassten: Dem Vater eines "besessenen" Jungen sagt Jesus u. a.: "Alles kann, wer glaubt!" (Mk9,23) Das erläutert er bei Mk11,22 - 24: "Ihr müsst Glauben an Gott haben. Amen, das sage ich euch: Wenn jemand zu diesem Berg sagt: Heb dich empor und stürz dich ins Meer!, und wenn er in seinem Herzen nicht zweifelt, sondern glaubt, dass geschieht, was er sagt, dann wird es geschehen. Darum sage ich euch: Alles, worum ihr betet und bittet - glaubt nur, dass ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil." Jesus ging also davon aus, dass sich Gott - als Folge der Wiedereröffnung des Reiches Gottes auf Erden seit Adam und Eva - wieder um seine Auserwählten kümmerte wie eine Mutter um ihr Kind. Gott kleidete sie, Gott speiste sie, Gott erhörte sie - wenn sie sich, innig und fest glaubend, mit ihrem Anliegen an ihn wandten. Dem wieder auf Erden präsenten Gott war alles möglich, auch wenn es der Physik widersprach: Er ließ Menschen auf dem Wasser gehen, ließ sie Stürme stillen, ließ sie Tausende Menschen mit wenigen Broten und Fischen speisen - Gott war nichts unmöglich.
Das also war die "neue Lehre" Jesu, von der bei Mk1,27 die Leute redeten: Gottes Reich war (auf Erden) angebrochen und - als Folge davon - war demjenigen, der fest an Gottes Präsenz glaubte, alles möglich.
Durch meine Studien war mir inzwischen der Zusammenhang zwischen der sogenannten Gottesknechtstelle bei Jesaja (52,13 - 53,12) und Jesu Handeln klar geworden: In dieser Stelle bei Jesaja ist von einem Gottesknecht die Rede, der stellvertretend für sein sündiges Volk Sühne leistet, indem er als "Opferlamm" Leid auf sich nimmt. Für dieses Opfer werde er aber nach geleisteter Sühne von Gott reich belohnt, "er wird Nachkommen schauen, lange leben und der Wille des Herrn wird durch ihn vollstreckt." (Jes53,10) Jesus glaubte offenbar, Gottes physische Ankunft auf Erden setze ein solches Sühneopfer voraus, einer müsse also als dieser Gottesknecht dieses Sühneopfer bringen, dann werde Gott auch in persona - sichtbar für alle - auf Erden erscheinen.
Wenn Jesus nun als Nazoräer zeitweilig in Betanien, der Taufstelle seines Meisters Johannes, unter den Nazoräern lebte, so muss er sich auch an den Gesprächen seiner nazoräischen Genossen, insbesondere nach der Verhaftung ihres Meisters, aktiv beteiligt haben und sicherlich ging es dabei darum, das Geschehen als Handeln Gottes zu begreifen und zu verstehen. Hatte Johannes die unmittelbar bevorstehende Ankunft Gottes auf Erden prophezeit, so galt es jetzt, nach seiner Einkerkerung, das weitere Geschehen dem Willen Gottes gemäß zu gestalten - und Jesus vertrat offenbar die Ansicht, einer müsse sich (um das Kommen Gottes auszulösen) als dieser Gottesknecht in Jerusalem als Sühneopfer kreuzigen lassen. Dass er mit dieser Ansicht wohl ziemlich alleine stand, zeigt die Tatsache, dass er, als er das Werk seines Meisters - wenn auch in modifizierter Form - weiterführte (Verkündigung des Evangeliums), dies mit Leuten aus seiner Heimatstadt Kafarnaum tat und nicht mit nazoräischen Genossen. Hätten sich die Nazoräer in Betanien der Ansicht Jesu angeschlossen, so wären sie mit ihm durch die Lande gezogen und nicht Freunde und Bekannte aus Kafarnaum.
So weit hatte ich also das Handeln Jesu verstanden; zu klären war noch seine angebliche Auferstehung von den Toten. Tatsächlich gibt "Markus" selbst zum Verständnis dessen, was da geschehen ist, die entscheidenden Hinweise. Er schildert die Kreuzigung Jesu so minutiös, dass diese Schilderung einem Drehbuch für einen Film entnommen sein könnte. Dabei waren es zwei Dinge, die meine besondere Aufmerksamkeit erregten, einmal sein Ausruf "Eloï, Eloï, lema sabachtani?, das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Mk15,34), und zum Zweiten das Geschehen unmittelbar vor seinem Wegtreten: "Einige von denen, die dabeistanden und es hörten, sagten: Hört, er ruft nach Elija! Einer lief hin, tauchte einen Schwamm in Essig, steckte ihn auf ein Rohr und gab Jesus zu trinken. Dabei sagte er: Lasst uns doch sehen, ob Elija kommt und ihn herabnimmt. Jesus aber schrie mit lauter Stimme. Dann hauchte er den Geist aus." (Mk15,35 - 37) Wenn Jesus gelehrt hat: "Alles kann, wer glaubt!", dann war er davon natürlich auch selbst überzeugt. Da er seiner Ansicht nach mit seiner Kreuzigung die vermeintliche Prophetie Jesajas über einen Gottesknecht (s. o. Jes52,13 - 53,12) erfüllte, so konnte Jahwe ihn am Kreuz nicht im Stich lassen, hatte er doch durch seinen Propheten Jesaja versprochen: "Er wird Nachkommen schauen, lange leben und der Wille des Herrn wird durch ihn vollstreckt." (Jes53,10) Nachkommen schauen, lange leben und den Willen Gottes vollstrecken kann er nur, wenn er am Kreuz nicht stirbt. Jesus erwartete also offenbar, dass Gott nach Erfüllung des Prophetenwortes (er hing ja nun als Sühneopfer am Kreuz) Gott in persona kommen, ihn vom Kreuz herabsteigen lassen und ihn zum Messias küren würde. Das heißt, er muss bei Gott offene Türen einrennen, wenn er nun - seiner "neuen Lehre" entsprechend - seinen Gott bittet, zu kommen, ihn vom Kreuz herabsteigen zu lassen und ihn zum Messias zu ernennen (denn: Alles kann, wer glaubt!). Darum hat Jesus, am Kreuz hängend, Gott im Stillen gebeten - aber: Nichts geschah. Trotz inständigen Bittens geschah nicht das, was für Jesus nach Jesaja jetzt hätte geschehen müssen. Irgendwann muss er begriffen haben, dass dieses Geschehen nicht eintreten würde, mochte er auch bitten, so viel er wollte, und er schreit seinen Vorwurf seinem Gott laut entgegen: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"
Damit musste für einen Nazoräer, der an den Diskussionen in Betanien beteiligt war, klar sein, dass das, was der Nazoräer Jesus erwartet hatte, nicht eingetreten war. Und offenbar standen Nazoräer unter dem Kreuz, die diesen Fall erwartet hatten und die darauf vorbereitet waren. So, wie es "Markus" schildert, musste dieser Schwamm, der Jesus an den Mund gedrückt wurde, präpariert gewesen sein, denn unmittelbar, nachdem Jesus an dem Schwamm gesaugt hatte, "schrie [er] mit lauter Stimme. Dann hauchte er den Geist aus." (s. o.) Dass ein Gekreuzigter bereits nach sechs (halachischen) Stunden am Kreuz verstirbt, ist so unglaublich, dass auch Pilatus, als Josef von Arimathäa um den (vermeintlichen) Leichnam Jesu bittet, "überrascht [war], als er hörte, dass Jesus schon tot sei" (Mk15,44).
Der Zufall wollte es, dass ich bei meinen Recherchen im Internet auf den Begriff "Schlafschwamm" stieß. Dazu fand ich im Internet einen Artikel aus der Pharmazeutischen Zeitung (eine Fachzeitschrift zum Thema Pharmazie und das Zentralorgan der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände für die Apotheker Deutschlands (Wikipedia)) von der Autorin Claudia Richter aus Würzburg vom 02.08.1999 mit dem Titel "Schlafmachende Schwämme", in dem sie u. a. ausführt, dass "die Anwendung von Schmerz-, Schlaf- und Betäubungsmitteln [...] zurück [reicht] bis in die Zeit der prähistorischen Urvölker. Bereits dort wurden Narkotika und berauschende alkoholische Getränke für Kultzwecke verwendet. [...] Der Schlafschwamm [...] ist ein mit Opium-, Alraunen-, Bilsenkraut- und Schierlings-Auszügen getränkter Badeschwamm. Die Herstellung erfolgt durch Vollsaugen des Schwamms mit den alkaloidhaltigen Presssäften dieser Drogen. Man trocknet den Schwamm an der Sonne oder an einem warmen Ort und erhält so die Aufbewahrungsform des Narkotikums.
Vor der Operation wird der trockene Schwamm in warmes Wasser gelegt, bis er sich vollgesogen hat. Dann legt man ihn über Nase und Mund des Patienten, damit er durch den Schwamm atmen muss. Die Wirkungsweise ist aber wohl weniger eine Inhalationsnarkose mittels der Dämpfe als vielmehr eine Resorptionsnarkose. Die Flüssigkeit wird über Mund-, Nasen- und Rachenschleimhaut resorbiert. Auch kommt eine Teilresorption des verschluckten Narkotikums im Magen in Frage."1
Wenngleich sich ihre Ausführungen über diese Schlafschwämme auf mittelalterliche Praktiken bezogen, hielt ich es für "sehr wahrscheinlich, dass das hier Beschriebene auf ältere Praktiken zurückgeht" (Martin, Jesus, S. 60).
Will man nicht an das Wunder glauben, Gott hätte einen drei Tage alten Leichnam wieder zum Leben erweckt, hatte ich mit diesem Artikel eine mögliche, ja, sehr wahrscheinliche Erklärung für die Ereignisse um den "Tod" Jesu herum, wie "Markus" diese schildert.
Da sich an den Tag der Grablegung nicht nur der Sabbat, sondern auch das einwöchige Pessachfest anschloss, hatten seine alten nazoräischen Freunde, die ihn mittels des dargereichten Schwamms ins Land der Träume geschickt hatten, ausreichend Zeit, ihren alten (aber auch verdammt verbohrten und sturen) Genossen Jesus - sicherlich unter Einsatz verschiedener Mittel und Praktiken - wieder zu reanimieren. Riskant das Ganze, aber - Glück gehabt!
Wie musste dieser ganze Vorgang auf Jesus gewirkt haben? Fanatisch, wie er war, wird er daraus sicherlich nicht gleich den Schluss gezogen haben, er habe sich geirrt. Nein, Gott hatte es nun eben gefallen, ihn nicht vom Kreuz herab zum Messias zu küren, sondern durch Ereignisse, die Jesus wohl als Fügung seines Gottes verstand, nach drei Tagen wieder zum Leben zu erwecken. Dazu bediente Gott sich alter nazoräischer Freunde als Werkzeuge, um das Leben Jesu zu erhalten, es war Gottes Fügung, Gottes Wille. Und wenn Gott ihn auf so wunderbare Weise erhalten hat, so musste er Jesus offenbar doch die Rolle des Messias zugedacht haben. - Es hatte sich zwar anders gefügt, als Jesus sich das zusammengereimt hatte, aber - Gottes Wille geschehe, nicht seiner. Ob nun das Bestreben, seine Jünger und Anhängerschaft wiederzusehen und zu sprechen, von ihm ausging oder ob der Zufall hier seine Hand im Spiel hatte und Anhängerinnen, die den Leichnam noch vorschriftsmäßig salben wollten, einen noch in der Grabkammer weilenden Nazoräer überraschten, muss dahingestellt bleiben. Tatsache ist offenbar doch, dass es noch zu einem oder mehreren Treffen Jesu mit seiner alten Anhängerschaft oder Teilen davon kam. Jesus ging also davon aus, er sei - durch Gottes wunderbares Wirken - von den Toten auferstanden und Gottes personales Kommen müsse unmittelbar bevorstehen, und da dieser ihn, Jesus, so wunderbar erhalten hat, kann man davon ausgehen, dass Gott ihn, Jesus, zum Messias vorgesehen habe. Dass Jesus aber trotz all seiner Deutungen (und später auch jener seiner Anhängerschaft) ein von der römischen Obrigkeit Gekreuzigter blieb, der nicht wieder in der Öffentlichkeit auftauchen durfte, dass seine alten nazoräischen Freunde, die seine Rettung bewerkstelligten hatten, zu ihrer eigenen Sicherheit alles daransetzen mussten, dass die wahren Zusammenhänge nicht ans Licht kamen, führte zu Jesu Verschwinden; er musste untertauchen, außer Landes gehen - wie auch immer. Sicherlich wird er beim Abschied von seinen Jüngern diese noch darin bestärkt haben, auszuharren, bis er bald, sehr bald "mit den Wolken des Himmels" als Messias an der Seite Gottes wiederkehren und die Zeit des Endkampfes eröffnen werde. Die Legende wird später aus diesem Abschied Jesu von seinem Anhang die Himmelfahrt machen. Wo sich Jesus verborgen hielt, wie lange er dort ausharrte, ob er - nachdem Gott auf sich warten ließ - seinen Aufenthaltsort gewechselt hat, ob er an seiner ursprünglichen Überzeugung irregeworden ist - wir wissen es nicht und werden es wohl auch nie erfahren. Tatsache ist, dass er bis heute nicht wieder aufgetaucht ist. Zurück blieben seine Jünger, fest davon überzeugt, ihr Messias Jesus sei nach drei Tagen von den Toten auferstanden. Davon waren sie felsenfest überzeugt, hatten sie ihn doch gesehen, mit ihm gesprochen und sich von ihm verabschiedet und Jesus hatte ihnen versichert, er werde (bald, sehr bald) mit Gott an seiner Seite wiederkommen. Davon waren sie - wie wir gesehen haben, aus guten Gründen - überzeugt und dafür ließen sie sich auch - wenn es hart auf hart kam - von der jüdischen Obrigkeit steinigen.
Nachdem mir das alles klar geworden war, saß ich wie vor einem fertigen Puzzle, alle Teile waren vorhanden, alle waren am richtigen Platz und alle zusammen ergaben ein stimmiges Bild. Ich hatte begriffen, worum es Jesus ging, ich verstand nun jede Facette seines Handelns und mir war vor allem klar, dass das nicht der Jesus war, den die christlichen Kirchen ihren Gläubigen präsentierten. Ich hatte etwas erkannt, was ich so noch nirgends gelesen hatte, etwas, wovon ich noch nie gehört hatte. Konnte das sein? Ich ging noch einmal alles durch, überprüfte meinen Fund auf Ungereimtheiten, Widersprüche, auf Fehler - aber: Es war alles stimmig.
Inzwischen war ein neues Jahr angebrochen, es war der Januar des Jahres 2017, und damit ich dieses Bild, das ich gefunden hatte, nicht wieder verlor, entschloss ich mich, meine Einsichten (handschriftlich) aufzuschreiben und sie solchermaßen zu erhalten. Und so schrieb ich den Text "Was Sie schon immer über Jesus wissen wollten" innerhalb der acht Tage der Winterferien auf und dabei wurde mir klar, dass das bereits den Umfang eines Buches hatte, eines dünnen - zugegeben -, aber eben doch eines Buches. Und ich hatte das Gefühl, dass ich nicht das Recht hatte, diese Einsichten in die tatsächlichen Zusammenhänge des damaligen Geschehens für mich zu behalten; ich wollte sie mit anderen, die an dieser Thematik ebenfalls interessiert waren, teilen, vielleicht mit einigen in einen fruchtbaren geistigen Austausch treten...
So hatte ich also, wider meine eigenen Absichten, doch ein Buch geschrieben, aber es existierte zunächst nur als Manuskript und war so einem interessierten Leserkreis kaum zugänglich. Wie sollte ich daraus nun ein wirkliches - gedrucktes, gebundenes - Buch machen, das auch in einer Buchhandlung verkauft werden konnte? Dazu musste ich wohl einen Verlag finden, der Interesse an meiner Publikation zeigte. Zaghaft schaute ich die Websites einiger mir bekannter Verlage durch, z. B. des Ullstein-Verlags, und war rasch frustriert und entmutigt: Der Tenor praktisch aller Verlage in Bezug auf eingesandte Manuskripte war so abweisend, ja, teilweise schroff abweisend, dass mir jede Lust verging, mein Manuskript einem Verlag anzubieten. Und nun jahrelang bei Verlagen zu betteln - das ließ mein Stolz nicht zu. Was also tun? Selber machen! Aber wie? Da ich als Lehrer schon früher mittels Computer-Vorlagen am Kopierer für die Hand der Schülerinnen und Schüler Broschüren im DIN-A5-Format hergestellt hatte, war mir die Technik nicht fremd. Das hieß: Ich musste den Text in den Computer tippen und dummerweise tippte ich ihn in meinen alten Computer (Baujahr 2000), aus dem man Texte lediglich per Diskette oder in Form einer selbst gebrannten CD-ROM entnehmen konnte - oder man druckte die Texte aus und benutzte diese Ausdrucke als Vorlagen für einen Kopierer. Also stellte ich am Computer mühsam eben solche Druckvorlagen für die Kopierer eines in der Nähe befindlichen Kopierladens her und druckte dort die Seiten für zehn Exemplare meines Buches. Nun hatte ich zwar die Blätter meines Buches zehnfach vorliegen, aber die Bücher selbst mussten noch gebunden werden.
Nachdem ich mich bei einer in der Nähe befindlichen kleinen Buchbinderei nach dem Preis für eine Bindung erkundigt hatte, war mir klar, dass ein einzelnes Exemplar meines Buches so teuer wäre, dass das niemand kaufen würde. Nun fand ich aber - auch nicht weit entfernt - eine industrielle Buchbinderei, die ich aufsuchte. Nachdem ich dem zuständigen Mitarbeiter mein Anliegen vorgetragen hatte, blickte er mich an, als stände da ein armer Irrer vor ihm, den man mit aller Vorsicht behandeln müsse. Nach kurzer Bedenkzeit riss er einen Zettel von seinem Notizblock, nahm einen Kugelschreiber und sagte: "Wissen Sie was? Ich schreibe Ihnen die Adresse der Druckerei auf, von der wir unsere Aufträge erhalten; an die wenden Sie sich!" Ende der Durchsage! (Immerhin hatte er mich nicht hinausgeworfen.) Es war die Druckerei H. Hennemann in Berlin-Tempelhof-Schöneberg. Mein Problem: Gedruckt hatte ich meine zehn Exemplare ja schon vorliegen... Dennoch rief ich dort an und fragte, ob sie mir ein Buch drucken könnten. Als ich dem Mitarbeiter mitteilte, die Druckvorlagen würden schon vorliegen und könnten von der Druckerei verwendet werden, brauchte es zunächst eine Weile, bis er mich verstanden hatte. Dann sagte er: "Sie wollen doch nicht allen Ernstes hier mit papiernen Druckvorlagen ankommen?!" Offenbar hielt er mich für ein Fossil eines längst untergegangenen Erdzeitalters. Peinlich, peinlich! Als wenn er mit einem geistig Zurückgebliebenen redete, erläuterte er mir, sie würden mit PDF-Dateien arbeiten. Wollte ich also etwas gedruckt haben, müsste ich ihnen PDF-Dateien liefern. Ich bedankte mich für die Auskunft. Wie sollte ich ihnen mein Buch digital schicken, wenn ich meine Dateien überhaupt nicht aus meinem Computer herausbekam - auch ein Stick funktionierte nicht bei ihm. Und wie stellt man aus einer Word-Datei eine PDF-Datei her? Mir wurde klar, dass ich den gesamten Text noch einmal in mein kleines Laptop tippen musste. Also: "Was Sie schon immer über Jesus wissen wollten" die dritte!
In der Schule, in der ich nach meiner Pensionierung noch mit Erdkunde aushalf, fragte ich einen jungen computer-erfahrenen Kollegen, wie man aus einer Word-Datei eine PDF-Datei machen könne, und er verwies mich auf Angebote im Internet; das würde über die Funktion "Drucken" gehen... Ich lud mir also von der "Chip"-Seite einen PDF-Konverter herunter und siehe da: Ich konnte Word-Dateien in PDF-Dateien umwandeln.
Aber da war noch etwas: Natürlich sollte mein Buch auch eine ISBN haben, doch - woher bekam man diese? Wieder Recherchen im Internet bis ich auf die Seite german-isbn.de stieß; aha, dort konnte man eine ISBN bekommen, jedoch kostete diese alles in allem knapp 100 € und war an rechtsverbindliche Bedingungen gebunden, an die mich zu halten hatte - wenn ich eine kaufte. Kaufen? Nicht kaufen? Kaufen? Nicht kaufen? Lange saß ich zögernd vor dem ersten Klick und schließlich gab ich mir einen Ruck: Komm, los, du schaffst das. Schließlich landete die ISBN in meiner E-Mail und ich trug sie in Cover und Vorsatz ein.
Nun zog ich den Buchtext mitsamt dem Cover-Entwurf und dem Vorsatz auf einen Stick und radelte damit in die Bessemerstraße zur Firma Hennemann. Nachdem sich ein Mitarbeiter der Firma mein Anliegen angehört hatte, verwies er mich an das "Digitale Druckzentrum Berlin" (DDZ), das sich auf demselben Stockwerk gleich gegenüber befand; die seien auf "so was" spezialisiert; Hennemann sei da eine Nummer zu groß (und zu teuer) für mich.
Beim DDZ wurde mein Buchprojekt erörtert, Details wurden besprochen (Papier, Cover, Auflage usw.) und etwas schlitzohrig wies der damalige Mitarbeiter darauf hin, dass das einzelne Buch umso preisgünstiger würde, je höher die Auflage wäre. Er sandte mir per E-Mail drei Angebote zu (für 200 Stück, für 500 und für 1000) und in meiner völligen Unerfahrenheit in der Buchbranche entschied ich mich für eine Auflage von 500 Büchern. Die Druckerei freute das sicherlich.
Die 500 Exemplare waren schließlich bei mir zu Hause eingelagert, aber ich bemerkte, dass mein Gehirn diese Thematik noch längst nicht abgeschlossen hatte. Mir fiel noch so viel dazu ein, dass ich bald weiterschrieb. Am Ende kamen noch etwa 70 Buchseiten dazu. Ich brachte also eine zweite, erweiterte Auflage des Buches "Was Sie schon immer über Jesus wissen wollten" heraus, dieses Mal aber nur noch in einer Auflage von 150 Exemplaren. Auf Anraten meines elfjährigen Sohnes hatte ich die Buch-Vorderseite ansprechender gestaltet. Mit dieser zweiten, erweiterten Auflage war die erste Auflage keinesfalls entwertet; man konnte die erste Ausgabe immer noch als preisgünstigere Kurzfassung des Buches beziehen.
Verrückt! Vor knapp zwei Jahren hatte ich einem Kollegen im Brustton der Überzeugung beteuert, Bücher schreiben wäre der letzte Zeitvertreib, den ich mir für meinen Ruhestand vorstellen könnte, und jetzt hielt ich mein erstes selbst geschriebenes Buch in Händen. Und mir wurde bewusst, dass ich das auch für meine beiden Kinder geschrieben hatte; sie sollten wissen, woran sie da von ihrer Kirche aus glauben sollten. Da mir klar war, dass ich ihnen damit auch ihre religiöse Grundlage unter den Füßen wegziehen würde, wollte ich ihnen einen vernünftigen Ersatz zur Verfügung stellen. Ich dachte zuerst an Buddha, suchte in einschlägigen Buchläden nach einer kindgerechten Biografie, fand aber nur denselben religiösen Schrott wie im Christentum. Es lag mir fern, meinen Kindern anstelle des christlichen Gottes Jesus nun den buddhistischen Gott Buddha anzubieten. Ihr spirituelles Fundament sollte den rationalen Ansprüchen der Aufklärung entsprechen. Lange ging ich nun mit diesem zweiten Buchprojekt um, fand aber zu keiner rechten Konzeption, bis ich mich schließlich kurz entschlossen hinsetzte und einfach drauflos schrieb. Beim Schreiben bemerkte ich, dass ich chronologisch vorging, und machte dies dann zum Gliederungsprinzip der Schrift. Hat man einmal ein Buch herausgebracht, weiß man, wie es geht, und bald lag mein zweites Buch vor: "Reise durch das Meer des Leids".
Da ich nun bereits ein "erfahrener" Editor war, kam mir die Idee, meine "Capriccios", die ich während meines Berufslebens geschaffen hatte, ebenfalls in einem Buch zusammenzustellen: Kurzgeschichten, Satiren, Gedichte… Diese entstanden teils im Zusammenhang mit meinem Unterricht, teils entsprangen sie plötzlichen Einfällen. Die Zusammenstellung meiner Texte in Buchform bekam den Titel "Dr. Schmurgler und andere Geschichten". Und da ich gerade dabei war, verarbeitete ich auch noch die "Highlights" meines Deutsch- und meines Geschichtsunterrichts zu Büchern und es erschienen "Literatur und Kunst im Blick" und die drei Bände "Deutsche Geschichte konkret". Ach, und wollte ich nicht schon immer meine Staatsexamensarbeit vom 9.1.1978, die ich damals nur drastisch gekürzt abgeben durfte, in ihrer vollständigen Länge veröffentlichen? So erschien im März 2019 das Buch "H. J. Chr. v. Grimmelshausens Roman 'Der abenteuerliche Simplicissimus' - Geschichte seiner Deutung, Struktur und Gehalt". Damit, so dachte ich, war ich durch, aber - wollte ich mich nicht auch noch um die Rotverschiebung des Lichts aus dem Weltall kümmern? Tatsächlich nahm ich mir meine alten Texte zu dieser Thematik vor, aber der Versuch, daraus ein schlüssiges Buch zu machen, scheiterte. Auch später noch unternahm ich zwei weitere Versuche, dieses Thema in den Griff zu bekommen, und irgendwann packte ich meine Materialien dazu weg mit der Maßgabe, sie nicht wieder anzurühren. Erst im Winter 2021 machte ich einen letzten Versuch und diesmal gelang es: Im März 2021 erschien "Anmerkungen zu drei Aspekten der modernen Kosmogonie: Rotverschiebung, Quantenvakuum und Schwarze Löcher".
Natürlich freut man sich als Buchautor, wenn es Menschen gibt, die das, was man geschrieben hat, gerne lesen würden. Aber die Buchbestellungen hielten sich - gelinde gesagt - in engen Grenzen. Als Selbstverleger verfüge ich natürlich nicht über die Werbemöglichkeiten und das eingespielte Vertriebsnetz eines etablierten Verlags, und wie sollten Interessenten meine Bücher kaufen wollen, wenn sie von der Existenz dieser Bücher keine Ahnung hatten?! Nach einiger Zeit kam ich deshalb auf folgende Idee: Ich wollte durch einen oder zwei Artikel in einer Fachzeitschrift auf mein Buch über Jesus aufmerksam machen. Das war aber leichter gedacht als getan. Ich schrieb einen Aufsatz über die Frage der Wunder und einen Aufsatz über die Geschehnisse nach Jesu vermeintlicher Auferstehung, insbesondere auch über die Frage seiner Himmelfahrt. Dann suchte ich im Internet nach einschlägigen Zeitschriften, fand auch einige wenige und offerierte einer davon meinen Wunder-Aufsatz per E-Mail. Ich erhielt auf mein Angebot keinerlei Reaktion, was mich gleich so wurmte, dass ich trotzig beschloss, diese beiden Aufsätze dann eben als Buch herauszubringen. Das war ein weiteres Buch zu dieser Thematik - 76 Seiten stark und verlegerisch ebenso erfolgreich wie meine anderen Bücher.
Allmählich vollzog sich bei mir - was die Jesus-Thematik anging - ein Klärungsprozess; ich machte mir klar, warum ich diese Bücher geschrieben hatte: Ich hatte sie doch in allererster Linie für mich geschrieben, dann noch für meine Kinder und das war's. Dass ich auch anderen interessierten Menschen mit meinen bescheidenen Auflagen Gelegenheit bot, meine Einsichten kennenzulernen, war ein Angebot; keinesfalls erfolgte dies aus kommerziellen Gründen oder deshalb, um bekannt oder gar "berühmt" zu werden. Nachdem ich das auch meinem Finanzamt vermitteln konnte und dieses mein Bücherschreiben als privates Hobby ohne kommerziellen Hintergrund einstufte, wurde ich viel gelassener. Außerdem war ja meine Schriftstellerei bereits abgeschlossen - so dachte ich zu diesem Zeitpunkt wenigstens.
Mag sein, dass es buddhistischen Mönchen durch fortwährende Meditation gelingt, auch ihre Gehirntätigkeit unter Kontrolle zu bringen, mir jedenfalls gelang es nicht; mein Gehirn dachte, was es wollte, und gab sich nicht damit zufrieden, dass ich das Thema Jesus für abgeschlossen hielt - mein Gehirn sah das anders und bald kreisten meine Gedanken um die Kreuzigungsszene bei "Markus". Schließlich setzte ich mich hin und schrieb das auf und heraus kam ein Aufsatz, ein kleiner Aufsatz über diese Kreuzigungsszene. Schön. Und was machte ich nun damit? Deswegen eine zweite Auflage herausbringen, nachdem die Druckerei-Rechnung für das Buch ("Anmerkungen zu Jesus sowie den Ur- und Frühchristen") gerade erst bezahlt war? Ich überschlug die Seitenzahl mit diesem dritten Aufsatz und kam auf etwa 93 Seiten; das lag immer noch unter der Hundertergrenze. Gab es vielleicht noch einen Aspekt, über den man noch einen Aufsatz schreiben könnte, sodass ich bei 120 bis 130 Seiten landen würde? Dann ließe sich vielleicht darüber reden, der ersten Auflage gleich eine zweite, erweiterte folgen zu lassen. - Ja, da gab es noch etwas Lohnendes: Nimm dir doch das "Matthäus"-Evangelium vor, dann kommst du sicherlich auf die anvisierte Seitenzahl. Das "Matthäus"-Evangelium? Oha! Ausgerechnet das längste! Aber es war nach dem "Markus"-Evangelium das zweitälteste und stützt sich explizit auf das "Markus"-Evangelium und so war es logisch, sich mit diesem Evangelium zu beschäftigen, auch wenn es das längste war. So erschien im Januar 2020 die zweite, um zwei Aufsätze erweiterte Ausgabe des Buches "Anmerkungen zu Jesus sowie den Ur- und Frühchristen" und wieder dachte ich: "Das war's jetzt aber wirklich", und wieder machte mir mein Gehirn einen Strich durch die Rechnung: Mein lieber Wolfgang, es ist ja schön, dass du dich jetzt mit dem "Markus"- und dem "Matthäus"-Evangelium beschäftigt hast - aber das "Neue Testament" enthält noch zwei weitere Evangelien, das "Lukas"- und das "Johannes"-Evangelium; was ist denn damit? Seit wann machst du halbe Sachen? Die kannst du doch jetzt nicht einfach links liegen lassen! Seufzend musste ich meinem Gehirn Recht geben, aber das machte wieder so viel Arbeit und eigentlich wollte ich doch meinen Ruhestand genießen... So erschien im Februar 2020 das Buch "Anmerkungen zum 'Lukas'-Evangelium und zum 'Johannes'-Evangelium". Endlich, endlich war ich durch, ich hatte mein letztes Buch veröffentlicht, jetzt durfte ich endlich Ruheständler sein.
Aber ich hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht: "Einer meiner ehemaligen Arbeitskollegen machte mich mit dem Buch 'Der Mann aus Nazareth oder der verleugnete Jesus' von Elke Lazarraga, einer früheren Freundin seiner Eltern, bekannt und darin fand ich eine Auseinandersetzung mit Albert Schweitzers Doktorarbeit aus dem Jahr 1933 ('Die psychiatrische Beurteilung Jesu. Darstellung und Kritik'). Mein Interesse war wieder geweckt und bei der Lektüre dieser Doktorarbeit hakte sich mein Gehirn an folgender Textstelle fest: 'Sie [die Henoch-Apokalypse] hat auf die Ideenwelt Jesu sehr stark eingewirkt.' (Schweitzer, S. 19)
Ach schau, 'die Ideenwelt Jesu' hatte also einen geistesgeschichtlichen Hintergrund! Darüber hätte ich gerne mehr erfahren, aber bei Schweitzer war da nicht sehr viel mehr zu haben. Und schon war mein Gehirn wieder im Arbeitsmodus und ich arbeitete das hervorragende Standardwerk 'Geschichte der israelitischen Religion' von Georg Fohrer durch. Danach war mir klar: Ich hatte zwar nachgeforscht, wie es nach Jesus weiterging, aber es fehlt noch das Davor." (Martin, Wolken, S. 5/6) Und so entstand das Buch "Mit den Wolken des Himmels. Eine Geschichte der jüdischen Sehnsucht nach dem Reich Gottes (bis Bar Kochba)".
Ich war wieder im Schreibmodus. Jetzt besann ich mich auf Ideen für Projekte, die mir bei der Arbeit an vorigen Büchern gekommen waren. Da war zunächst eine Untersuchung des gnostischen Einflusses auf die vier kanonischen Evangelien und die Anschauungen des Paulus von Tarsus: "Wer kommt in den Himmel? Gnosis, Ur- und Frühchristentum". Dabei ergab sich auch die Möglichkeit, den vorgeblichen Monotheismus des Christentums eingehender unter die Lupe zu nehmen. Ein weiteres Buch ergab die synoptische Zusammenstellung "der Gleichnisse, Parabeln, Allegorien und Beispielerzählungen in den Evangelien des Neuen Testaments und ihre Deutung". Diese Idee war mir bei der Untersuchung der kanonischen Evangelien gekommen; am Ende hatte ich das Gefühl, ich sollte den Gleichnissen etc., die in den Evangelien vorkommen, noch einmal meine ungeteilte Aufmerksamkeit widmen.
Bei der Arbeit an dem Buch "Reise durch das Meer des Leids" habe ich mir den Abschnitt "Warum es nicht geht - der Ärger mit den Trieben" viel umfänglicher gewünscht; das hätte aber den Rahmen des Buches gesprengt, weshalb ich damals schon den Wunsch verspürte, dem Verhalten des Menschen noch ein gesondertes Buch zu widmen. Das fiel mir wieder ein, als ich mich gerade mit den Gleichnissen etc. beschäftigte, sodass ich dieses Buchprojekt gleich danach in Angriff nahm: "Der Einzelne und die Gruppe. Wie der Mensch tickt". Den Abschluss bildete das schmale Bändchen "Viva la ilusión! Des Menschen Flucht aus der Wirklichkeit", das Ende Januar 2022 erschien.2
Und jetzt? Jetzt bin ich mit dem Bücherschreiben wirklich fertig. Ich habe alle Themen, die mich mein Leben lang mal stärker, mal weniger stark umgetrieben haben, abgearbeitet. Was bleibt? Das Dankesagen. Ich bin dankbar, dass mir nach meinem Berufsleben noch die Zeit blieb, diese Bücher zu schreiben, dankbar, dass ich in meinem Alter noch so viel lernen durfte. Ich danke all jenen unzähligen, aber so immens wichtigen Menschen, die durch ihre Forschungsarbeit, durch ihren unermüdlichen Fleiß, durch ihre Wahrheitsliebe jenes Fundament geschaffen haben und unablässig weiter schaffen, auf dem ich aufbauen konnte. Dank auch all den Verlagen, Publizisten, Editoren, die sich der Verbreitung des Wissens und der Mehrung der Erkenntnis verschrieben haben - wie dunkel wäre ohne ihre Tätigkeit diese Welt.
Vielen Dank auch den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des DDZ Berlin, die meine Bücher mit ihrer Fachkenntnis und ihrer Sorgfalt ausgezeichnet betreut und hergestellt haben. Danke!
Ein herzliches Dankeschön geht auch an meinen Sohn, der meine Arbeit stets kritisch und mit wertvollen Anregungen begleitet und meine Website ins Internet gestellt hat (allein hätte ich das wohl nicht gekonnt).
Und schließlich gilt mein Dank noch Andreas, der mich stets durch sein nie nachlassendes Interesse an meiner Arbeit befeuert und angespornt hat.
Anmerkungen
1http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=pharm4_31_1999 (entnommen am 23.12.2016)
2Es folgten dann doch noch fünf weitere Schriften: "Die seltsamen Begebenheiten im Leben des Joshua Ben Miriam (Drehbuch)" (Mai 2022),
"Weltbilder, Ideologien, Verschwörungstheorien - eine Blütenlese menschlicher Dummheit" (Oktober 2022), "Wolfgang Martin, Aufsätze"
(November 2022), "Genesis - Wie die Welt wurde" (Mai 2023) und "Am Anfang war der Mensch und der Mensch schuf sich einen Gott, den er
bis heute nicht mehr loswurde..." (September 2023)
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