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Die meisten Christen gehen davon aus, dass Jesus ans Kreuz genagelt wurde - so, wie es ihre Kirche favorisiert. Das trifft sicherlich zu bei Delinquenten, die sich bei den römischen Behörden bzw. bei der römischen Obrigkeit verhasst gemacht hatten. Das waren beispielsweise Leute, die wir heute als Terroristen bezeichnen würden, also Menschen, die zum Beispiel römische Soldaten getötet oder irgendwie aktiv der römischen Besatzungsmacht Schaden zugefügt haben. Solchen Verurteilten wurden möglichst große Schmerzen zugefügt, solche sollten möglichst lange am Kreuz leiden. Zu diesem Schmerzzufügen gehörte auch das Annageln des Delinquenten. Nun muss man wissen, dass aus ganz praktischen Gründen lediglich die unteren Extremitäten angenagelt wurden, wobei die Füße beidseitig durch das jeweilige Fersenbein an den Kreuzigungspfahl genagelt wurden, also nicht nebeneinander jeweils durch den Mittelfuß oder übereinander.
Die Arme des Gekreuzigten wurden mit Bändern an den Kreuzbalken gebunden. Nageln ging, wenn der Kreuzpfahl schon stand, deshalb nicht, weil der Kreuzbalken oft nicht starr mit dem Kreuzespfahl verbunden war, sodass der Balken beim Versuch, Nägel einzuschlagen, zurückgewichen wäre. Anders war es, wenn das Kreuz auf dem Boden lag und darauf der Verurteilte gelegt wurde. Hier war es durchaus möglich, auch die oberen Extremitäten an den Balken zu nageln. Allerdings durften dann die Nägel nicht durch die Handflächen getrieben werden, da sonst die Nägel durch das Gewicht des Körpers das Fleisch der Hand durchgerissen hätten. "Anatomischen Tests zufolge mussten die Nägel nicht durch die Handflächen, sondern durch Handwurzelknochen oder den Raum zwischen Elle und Speiche [...] getrieben werden, um das Körpergewicht tragen zu können." (Wikipedia "Kreuzigung") Dabei wäre jedoch die Gefahr, die Pulsader zu durchtrennen, sehr groß, was die Kreuzigung beenden würde, noch bevor sie richtig begonnen hat.
Jesus wurde auch deshalb nicht mit teuren Nägeln angenagelt, weil er sich nicht als Feind der Römer betätigt hatte. Für die Römer erwuchsen die Gründe für Jesu Verurteilung vor allem aus innerjüdischen Konflikten, welche die Römer nicht wirklich interessierten. Jesus hassten die römischen Soldaten des Hinrichtungskommandos nicht, sie machten sich über ihn lustig, warum ihn also extra noch mit Nägeln quälen. Dazu kommt, dass Jesus maximal 9 (halachische) Stunden am Kreuz gehangen hätte, denn die Kreuzigung begann am Freitag, den 7. April im Jahr 30 n. Chr. morgens um 9 Uhr unserer Zeit[1] und am Tag darauf war nicht nur Sabbat, sondern nahm auch das mehrtägige Pessachfest, das mit der Sedernacht begonnen hatte, seinen Fortgang und über den Sabbat und die Festtage sollten keine Hingerichteten an Kreuzen hängen bleiben. Zu gut Deutsch: Es wäre für die römischen Soldaten völliger Blödsinn gewesen, Jesus für die maximal neun Stunden, die er am Kreuz hängen würde, anzunageln. Tatsächlich waren es dann ja sogar nur sechs Stunden, die Jesus am Kreuz hing. Sicher war natürlich auch, dass die Gekreuzigten, die man bis 18.00 Uhr unserer Zeit von den Kreuzen abnahm, tot zu sein hatten. War ein Gekreuzigter zu diesem Zeitpunkt noch nicht tot, halfen die Soldaten des Hinrichtungskommandos nach.
Wir können also ziemlich sicher davon ausgehen, dass Jesus nicht ans Kreuz genagelt, sondern ans Kreuz gebunden wurde.
Anmerkung
1. S. dazu https://www.tagesspiegel.de/kultur/wann-jesus-sterben-musste- der-neueste-forschungsstand-673162.html#:~:text=F%C3%BCr%20den% 20Jerusalemer%20Theologen%20Bargil,Jahre%2030%2C%20gegen% 2015%20Uhr. (entnommen am 11.12.24, 14.54 Uhr)
© by Wolfgang Martin
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