Leseprobe:

Vorwort zur 2. Auflage (gekürzt)

Es wird erzählt, Galilei habe bei seiner ersten Vorladung im Vatikan sein Fernrohr aufgebaut, dieses auf den Jupiter gerichtet und die eintretenden Kardinäle gebeten durchzuschauen. Die Kardinäle jedoch hätten geantwortet, wenn sie etwas wissen wollten, würden sie nicht durch sein Teufelsrohr blicken, sondern in die Bibel.
Als ich bei Wikipedia vorschlug, mein Buch unter dem Stichwort "Jesus" mit in die Literaturliste aufzunehmen, schrieb einer der anonymen Gralshüter, wenn er etwas über Jesus wissen wolle, würde er in die Bibel schauen (und nicht in mein Buch). Ohne mich mit Galilei vergleichen zu wollen, sah ich hier doch eine erstaunliche Parallelität; wozu sind seitdem 400 Jahre vergangen, wenn heute Leute im Internet immer noch so etwas äußern?
Nachdem mein Buch im "Verzeichnis lieferbarer Bücher" aufgeführt war und jeder Buchhändler in Deutschland jedem interessierten Kunden dieses Buch bestellen konnte - passierte nichts: Niemand fragte mein Buch nach, kein Kulturprogramm der Rundfunkanstalten, die ich per E-Mail angeschrieben hatte, nahm mich bzw. mein Buch überhaupt zur Kenntnis.
Nun gut, es war weiter nicht tragisch, ich muss und will mit meinem Buch kein Geld verdienen und bin auch nicht versessen darauf, "berühmt" zu werden, aber dass so wenig Neugier vorhanden ist, das Thema "Jesus" offenbar so abgelatscht ist, dass es buchstäblich niemanden interessiert, wenn nicht gerade eine Weltverschwörung oder doch zumindest ein Komplott des Vatikans aufgedeckt wird, das hat mich dann doch überrascht.
Es wäre sicher sehr interessant, dieses heutige Desinteresse an dieser historischen Persönlichkeit einmal genauer zu untersuchen - aber das möchte ich anderen überlassen. Vielleicht ist es das: Einer meiner Bekannten äußerte, er habe mein Buch nicht zu Ende gelesen, weil er nicht auch noch seine letzten Illusionen verlieren wolle, wie könnte er sonst überhaupt noch Weihnachten feiern?
Ich möchte nun wahrlich niemandem seinen Glauben nehmen - wir leben in einer Demokratie und jeder darf an das glauben, was er/sie für richtig hält - wenn er nicht gerade wegen seines Glaubens mit einem Lastwagen auf Bürgersteigen und Weihnachtsmärkten Menschen totfährt -, aber hat nicht auch der Mensch Jesus ein Recht darauf, fair behandelt zu werden, nicht von allen möglichen Kirchen missbraucht zu werden? Hat nicht der Jude Jesus ein Recht darauf, Teil seines Volkes, des jüdischen Volkes, und seiner Geschichte zu sein? Ich meine, ja! Aber wie schwierig es ist, Menschen von der Wahrheit zu überzeugen, haben schon ganz andere vor mir erkannt; so schreibt der Verfasser eines Buches zum selben Themenkreis, Dick Harrison:
"Aber das Volk will glauben. Menschen wollen historische und geistige Luftschlösser bauen. [...] Angenommen, ich würde behaupten, ein verstorbener älterer Kollege hätte mir kurz vor seinem Tod ein lateinisches Pergamentmanuskript geschenkt, das eine wörtliche Übersetzung eines verschwundenen griechischen oder koptischen Originals des kainitischen Judasevangeliums sowie des verschwundenen Marienevangeliuims darstellt. Angenommen, ich würde damit an die Presse gehen und todernst von diesem Fund berichten, worauf ich erklärte, dass ich meine Arbeit als Professor aufgeben, die Schwedische Kirche verlassen, das Bücherschreiben beenden und stattdessen all meine Kraft darauf verwenden würde, die wahre Religion wiederherzustellen, die die drei Kinder Gottes - die Geschwister Jesus, Judas und Maria Magdalena - zu begründen versuchten, die aber von den Apostelschurken Petrus & Paulus und Co. zerstört worden sei - wie viele Menschen würden mir glauben? Die Antwort ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit: Ausreichend viele, sodass ich mich für den Rest meines Lebens als vermögender und einflussreicher Sektenführer zurücklehnen könnte. Ich müsste nicht einmal die fiktiven Pergamentblätter vorweisen. Allein mein Wort würde genügen. Denn wir wollen glauben."

Harrison, Dick: Verräter, Hure, Gralshüter. Judas Iskariot, Maria Magdalena, Pontius Pilatus, Josef von Arimathäa - Geschichte und Legenden. Düsseldorf: Patmos, 2007, S. 177

Da dies so ist, wird der "normale" Mensch Jesus kaum jemanden interessieren. - Und doch muss es gesagt werden! [...]

Aus: Jesus - Biografisches

[...] Wenn "Markus" zu dem Vater von Jesus nichts verlauten lässt, kann das daran liegen, dass er dessen Vater schlicht nicht kennt. Schließlich bezeichnen die Kafarnaumer Jesus nach seiner Mutter (6,3: "Ist das nicht [...] der Sohn der Maria [...]?") und nicht, wie zu jener Zeit im Judentum üblich, nach seinem Vater. Dies verweist zwangsläufig nicht nur auf das Fehlen des Vaters, sondern sogar darauf, dass der Vater unbekannt ist, denn selbst wenn er fehlen würde, aber als solcher bekannt wäre, würde man Jesus nach seinem Vater bezeichnet haben. [...]
Über das Verhältnis Jesu zu seiner Mutter schreibt Ben-Chorin (S. 121): "Maria hat ihren Sohn nicht verstanden, und seine Beziehung zu ihr blieb affektgeladen, entbehrte der Ehrerbietung, die man der Mutter gerade in der jüdischen Familie entgegenbrachte."
Nicht nur seine Mutter hat ihn nicht verstanden, sondern auch der Rest der Familie, seine Brüder und Schwestern: Sie halten ihn schlicht für "durchgeknallt", er ist peinlich und bringt der Familie Schande. So heißt es bei "Markus" (3,21 und 3,31 - 34):
"Als seine Angehörigen davon hörten, machten sie sich auf den Weg, um ihn mit Gewalt zurückzuholen; denn sie sagten: Er ist von Sinnen. [...] Da kamen seine Mutter und seine Brüder; sie blieben vor dem Haus stehen und ließen ihn herausrufen. Es saßen viele Leute um ihn herum und man sagte zu ihm: Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und fragen nach dir. Er erwiderte: Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder? Und er blickte auf die Menschen, die im Kreis um ihn herumsaßen, und sagte: Das hier sind meine Mutter und meine Brüder." Die Szene muss für alle Beteiligten mehr als peinlich gewesen sein.
Diese Szene liefert uns ein weiteres Indiz dafür, dass der Familie, in der Jesus aufwuchs, - zumindest zeitweilig - der Vater fehlte. Warum waren es ausschließlich die Brüder von Jesus, die ihn holen wollten, nicht aber seine Schwestern? Es hätte sich damals für eine Frau einfach nicht geziemt, in aller Öffentlichkeit den Bruder zurückholen zu wollen, das "gehörte sich nicht". Umso mehr verwundert es dann, dass seine Mutter bei dieser familiären Abordnung dabei war; sie war ebenso eine Frau wie Jesu Schwestern, auch für sie war das unziemlich - wenn da ein Vater gewesen wäre, der die Delegation hätte anführen können. So verweist auch die Tatsache, dass Jesu Mutter dabei war, darauf, dass da kein Vater war. [...]

Aus: Jesus - sein Weltbild

[...] Was bezweckte nun Gott mit dem Bösen in der Welt? Er möchte damit die Menschen auf die Probe stellen, er möchte sehen, ob der jeweilige Mensch sich bewusst dem Guten zuwendet, ob er sich willentlich für Gott entscheidet. In diesem Fall wohnt Gottes Geist in diesem Menschen, der ihn väterlich lenkt und leitet sowie verhindert, dass Dämonen von diesem Menschen Besitz ergreifen können. Sobald jedoch dieser Mensch sündigt, flieht ihn Gottes Geist, Dämonen können nun ungehindert von dem sündigen Menschen Besitz ergreifen und ihn ganz nach ihrem Schlechtdünken steuern. Sichtbar wird dies äußerlich als Besessenheit in allen möglichen Formen sowie dadurch, dass dieser sündige Mensch krank werden kann; Krankheit ist für den Nazoräer Jesus, die Essener, das Volk immer ein Hinweis auf Dämonenbefall und damit darauf, dass dieser Mensch sündig geworden und von Gott verlassen worden ist. Folgerichtig vergibt Gott durch Jesus einem Gelähmten - "als Jesus ihren Glauben sah" (2,5) - seine Sünden (2,5), da diese dem Dämon Einlass gewährt haben, welcher dann die Lähmung verursacht hat. Die Genesung des Gelähmten würde sich dann von selbst ergeben, aber da einige Schriftgelehrte mit Jesu Sündenvergebung Probleme haben, bewirkt Gott durch Jesus diese Heilung sofort (2,11/12), sodass es für die Schriftgelehrten unbezweifelbar wird, dass Gott durch Jesus dem Gelähmten tatsächlich seine Sünden vergeben hat.
Für Jesus ist die Welt, ist jeder Mensch eine Bühne des Kampfes des Satans und seiner dämonischen Heerscharen um die Menschen: Ist der Mensch sündelos, wird er von Gott beherrscht, sündig geworden, wird er eine hilflose Marionette des Bösen. [...]

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